Geschichte

„Die SPD hat kein Dasein in der Retorte des Homunculus geführt. Sie hat sich mitten in der Geschichte unseres Volkes gestellt und ist tätig und leidend von dieser Geschichte mit geformt worden, von der politischen, von der wirtschaftlichen, von der Geistesgeschichte unseres Volkes. Und sie hat wiederum die Geschichte dieses Volkes selbst mit geformt: Oft durch eigenes, gestaltendes Tun; manchmal indem ihr Dasein und Wachsein andere zwang, ungewollt nach ihren Vorstellungen zu handeln. Diese Partei hat nie „gepasst“ – sie hat immer Partei genommen. Sie hat dies eh und je im Bewusstsein der Verantwortung vor der geschichtlichen Stunde getan.“
Dr. Carlo Schmid

Entwicklung der Röthenbacher SPD

Der SPD-Ortsverein wurde am 06. August 1910 gegründet. Der erste Vorstand setzte sich zusammen aus:
Karl Birner (1. Vorsitzender)
Georg Mages (2. Vorsitzender)
Michael Schröpfer (Kassier)
Hans Römisch (1. Schriftführer)
Fritz Naber (2. Schriftführer)
Paul Fleischmann, Johann Irowitz, Johann Siegert (Revisoren).

Am 23.08.1910 erfolgte durch den damaligen Bürgermeister Zimmermann die Eintragung in das „Verzeichnis der politischen Vereine“ und damit die Genehmigung.

Bereits 1913 hatte die SPD Röthenbach 159 Mitglieder, darunter 10 Frauen. Die einst vom Kaiser als „vaterlandslose Gesellen“ beschimpften Sozialdemokraten halfen tatkräftig mit, die Demokratie im Land aufzubauen. Auch in Röthenbach war es nicht einfach, demokratisches Verständnis durchzusetzen. Viel Mut gehörte z. B. dazu, gegen die Mächtigen der Firma Conradty zu stimmen, wenn man selbst einen Arbeitsplatz dort hatte.

Gegen Ende des 1. Weltkrieges kam es zur Spaltung der SPD – auch in Röthenbach. Die USPD und die MSPD entstanden. Als 1919 der Sozialdemokrat Friedrich Ebert zum 1. Reichspräsidenten gewählt wurde, wurden auch in Röthenbach die Sozialdemokraten wieder aktiv. Die Genossen waren bereit, sich für die sozialdemokratischen Ideale einzusetzen, unter ihnen Hans Bauer, Hans Haas, Hans Herbst, Johann Killermann, Martin Pürner, Hans Rötzer, Georg Traurig, Georg Ruhland, Hans Steinberger, Johann Wedel und Fritz Wohlfahrt.

Bei der Reichstagswahl 1920 kamen die beiden Gruppierungen - USPD und MSPD zusammen auf 73 % der Wählerstimmen.

Zur Kommunalwahl 1924 erklärten 20 Genossen vor dem Bürgermeister ihr Einverständnis zur Kandidatur: Michael Birkmann, Johann Bräun, Franz-Xaver Brandel, Georg Fischer, Hans Haas, Hans Herbst, Johann Killermann, Hans Kolb, Georg Kummert, Josef Plecher, Theobald Reuschl, Hans Rötzer, Josef Roider, Georg Ruhland, Andreas Schwaiger, Hans Sörgel, Hans Steinberger, Georg Traurig, Baptist Völkl und Johann Wolf. Gewählt wurden schließlich nur drei Genossen: Hans Rötzer, Georg Ruhland und Hans Steinberger.

1928 wurde Fritz Neuper als erster Sozialdemokrat zum Bürgermeister gewählt.

Während der Zeit des Nationalsozialismus gehörten die Sozialdemokraten zu den ersten Gruppierungen, die von den Nazis verfolgt wurden. Die Röthenbacher Sozialdemokraten erklärten in ihrer letzten Gemeinderats-Sitzung im Beisein von acht bewaffneten SA-Schützen: „Wir stellen unsere Schlechtesten nicht zu den Besten Ihrer NSDAP“. Fünf Genossen wurden verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gebracht: Hans Haas, Hans Herbst, Hans Steinberger, Johann Wedel und Fritz Wohlfahrt. Andere Genossen verloren ihre Arbeitsplätze und waren ständiger Bespitzelung und Verfolgung ausgesetzt. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD endgültig verboten. Das Verbot galt auch den Organisationen und Vereinen, die der SPD nahe standen wie Naturfreunde, Arbeiterwohlfahrt, Reichsbanner, Falken und Arbeitersport- und Gesangsvereine.

Am 18. April 1945 wurde Fritz Neuper von der Militärregierung als 1. Bürgermeister Röthenbachs wieder eingesetzt und 1946 von den Bürgern gewählt (bis 1948). Die SPD wurde wieder zugelassen.
Erneut musste die Demokratie im Land wieder aufgebaut werden. In Röthenbach waren das vor allem die Genossen Hans Bauer, Josef Blobner, Georg Häckel, Hans Herbst, Johann Killermann, Nikolaus Mörtel, Robert Röhrl, Konrad Scheibel, Hans Steinberger, Johann Wedel mit vielen anderen Helfern. Neben Fritz Neuper übernahm der Sozialdemokrat Gottlieb Schwarz Führungsverantwortung in der Kommune. Er setzte sich besonders als Flüchtlingskommissar für seine Mitbürger ein und sein Name ist in Verbindung mit der Stadterhebung und der Gründung der Wohnbaugesellschaft „Selbsthilfe“ eng verbunden.

Bestimmt von Parteiinternen Auseinandersetzungen sank bei der Kommunalwahl 1948 das Wahlergebnis der SPD im Gemeinderat von 43,7 % auf 25 %.

Wahlergebnis 1952: 19 %

Mit jungen, tatkräftigen und aufgeschlossenen neuen Genossen wie Hans Utz, Albert Lehner, Ernst Kuhne und Alfred Hartsch verbesserte die SPD ihr Wahlergebnis bei der Kommunalwahl im Jahr 1956 auf 26 %. Alfred Hartsch zog in den Stadtrat ein, übernahm später den Parteivorsitz und war sechs Jahre lang Zweiter Bürgermeister.

Mit Hubert Munkert trat 1956 ein junger Mann in die Partei ein, der über 30 Jahre lang die Röthenbacher SPD und die Stadt prägen sollte.

Alfred Hartsch und Hubert Munkert bewegten durch ihre Persönlichkeit und ihre politische Argumentation immer mehr junge Menschen dazu, in die SPD einzutreten; darunter auch Ernst Singer und Theo Schultes.

Bei den Kommunalwahlen 1960 erreichte die SPD bereits 37,2 %. Edi Wagenbüchler, ehemals parteiloses Stadtratsmitglied, kandidierte für die SPD. Alfred Hartsch wurde Fraktionssprecher, der drei Jahre später dann von Hubert Munkert (Stadt- und Kreisrat) abgelöst.

Hubert Munkert, der drei Jahre als Kriegsgefangener in Frankreich verbrachte, stellte 1963 für die SPD-Fraktion den Antrag, eine Partnerschaft mit Les Clayes-sous-Bois einzugehen. Der Partnerschaftsvertrag wurde dann 1964 geschlossen.

1965 zog Theo Schultes als jüngstes Mitglied in den Stadtrat ein. 1972 wurde er Zweiter Bürgermeister, von 1990 bis 1996 war er Erster Bürgermeister.

Bei den Kommunalwahlen 1966 erreichte die Röthenbacher SPD ihr Traumziel von 47,8 %. Erster Bürgermeister wurde Hubert Munkert. Er blieb bis 1990 in dieser Position. Die SPD hält bis heute die absolute Mehrheit im Röthenbacher Stadtrat.

Mit dieser Mehrheit und der Führung der Ersten Bürgermeister Hubert Munkert, Theo Schultes und Günther Steinbauer entwickelte sich Röthenbach zu einem modernen Industriestandort, einer Wohnstadt mit ausgezeichneter Infrastruktur sowie vorbildlichen sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Einrichtungen.

Die Wahlergebnisse der SPD im Einzelnen:

1972 66 % Erster Bürgermeister Hubert Munkert, Zweiter Bürgermeister Theo Schultes

1978 53,3 % Erster Bürgermeister Hubert Munkert, Zweiter Bürgermeister Theo Schultes – Ullrike Knoch wird als erste SPD-Frau wird in den Stadtrat gewählt

1984 56,5 % Erster Bürgermeister Hubert Munkert, Zweiter Bürgermeister Theo Schultes, Dritter Bürgermeister Heinrich Butzer / SPD

1990 12 Sitze, Erster Bürgermeister Theo Schultes / SPD (bis 1996), Zweiter Bürgermeister Alfred Unfried / SPD, abgelöst von Klaus Hacker /SPD

1996 14 Sitze, Erster Bürgermeister Günther Steinbauer / SPD, Zweiter Bürgermeister Klaus Hacker / SPD (bis 2008)

2002 13 Sitze, Erster Bürgermeister Günther Steinbauer, Zweiter Bürgermeister Klaus Hacker

2008 49,4 % Erster Bürgermeister Günther Steinbauer, Zweiter Bürgermeister Dieter Quast / SPD

Von 1966 bis 2014 stellte die SPD somit durchgehend den Ersten und Zweiten Bürgermeister und hatte – temporär mit der Stimme des 1.Bürgermeisters – die absolute Mehrheit im Röthenbacher Stadtrat.
* 100-Jahr Chronik (PDF, 43,64 MB)